Annatextiles: Wandteppiche Ruth von Fischer: Werkverzeichnis

   
  Nr. 02, Zwölf Apostelteppich
 
  1967
Nr. 02
 ehemals Predigerkirche, Zürich (1965-67), anlässlich einer Kirchenrenovierung wurde der Teppich abgehängt, und er befindet sich seit Frühling 2008 im Altersheim Bürgerasyl, Leonhardstrasse 16, 8001 Zürich. http://www.stadt-zuerich.ch/content/gud/de/index/alter/altersheime/uebersicht_altersheime/buergerasyl_pfrundhaus/

12 Apostel - 1,8 x 9 m, 3500 Arbeitsstunden
Der Apostelteppich an der Chorwand der Predigerkirche entstand anlässlich einer Innenrenovation in den Jahren 1965 bis 1967. Ruth von Fischer, hat den Entwurf gezeichnet und die Ausführung in Applikationstechnik geleitet. Durch die Weberin Regula Hahn erhielt sie die schönen Wollstoffe, teils aus handgefärbter und handgesponnener Wolle, teils ergänzt durch andere, billigere Stoffe.

     
     
12 Apostelteppich in der Predigerkirche, Zürich:

Judas Thaddäus, Jakobus der Jüngere, Thomas, Matthäus, Petrus, Paulus, das Kreuz,
Johannes, Andreas, Jakobus der Aeltere, Philippus, Bartholomäus, Simon


     
    Zum: Zwölf-Apostel-Teppich, in der Predigerkirche, Zürich
verfasst von der Künstlerin, für Heimatwerk, Zürich, März 1968,  33. Jahrg. Nr.1, S. 16

In Zürich wurde in den Jahren 1965 bis 1967 das Innere der alten Predigerkirche erneuert. Sie erhielt wieder ihre schönen weissen Wände, wurde hell und festlich, und der reiche Barockstuck mit seinen Verzierungen wurde neu zur Geltung gebracht. Zur Belebung der Ostwand, die das Schiff vom alten, hochgotischen Chor trennt, sollte als Gemeinschaftswerk ein Bildteppich in sogenannter Applikationstechnik entstehen. Da ich mich auch zur Gemeinde zähle, erhielt ich den schönen und verantwortungsvollen Auftrag für diese Arbeit. Mit Freuden, aber auch mit leisem Bangen begann ich im Sommer 1965 mit den Entwürfen. Das Thema, die zwölf Apostel und in der Mitte das Kreuz anstelle von Christus, wurde mir gegeben. Der Architekt der Kirche, Paul Hintermann, stand mir während der ganzen Dauer meiner Arbeit zur Seite, und in regelmässigen Abständen hängte ich Entwürfe und Arbeitsproben zur Prüfung in der Kirche auf.

Im ersten Jahr beschäftigte mich vor allem der farbige Entwurf der Zeichnung im Massstab 1:1. Durch die Zeitschrift "Heimatwerk" wurde ich aber auch auf die in den Cevennen tätige Berner Wollfärberin, Frau Lydie Nencki, aufmerksam gemacht. Ich reiste in den Sommerferien dorthin, wo ich in die Geheimnisse des Pflanzenfärbens eingeweiht wurde und gleichzeitig für meine Arbeit die ersten Näh- und Stickproben ausführte. Ein Arm voll Wollstrangen in sorgfältig zusammengestellten Tönen weckte in mir das farbige Bild des Teppichs. In Zürich fand ich eine gute Weberin, Regula Hahn. Sie wob die für den Teppich benötigten Wollstoffe nach den Tönen des farbigen Entwurfes. Ihrerseits bezog sie die wollenen Garne aus der Handspinnerei von Jean Debétaz im Val d'Anniviers. Die Zeichnung des Entwurfes im Massstab 1:1 übertrug ich auf eine grobe Heimatwerkleinwand. Auf diese Vorzeichnung wurden die Stoffstücke aufgeheftet. Dann endlich konnte es ans Aufnähen und Besticken gehen.

30 Frauen der Kirchgemeinde wurden hiefür gewonnen. Hausfrauen jeden Alters, die älteste 80jährig, die jüngste kaum 20, kamen nachmittags und abends zur "Teppichbüetzete" zusammen. Neben den Hausfrauen sassen fünf Pfarrfrauen, eine Arztfrau, Geschäftsfrauen, Berufstätige im Ruhestand, eine Zahnärztin usw. Alle erschienen immer wieder voller Arbeitsfreude. Eine kurze Kaffeepause, von allen sehr geschätzt, war der einzige Unterbruch. Die Arbeit der Frauen bestand darin, die auf Leinwand gehefteten Woll- "Blätze" auf dem Grund fest anzunähen, wobei sowohl der Ton und die Arten des Garnes als auch die beim Aufnähen angewandten Stiche die Farbigkeit des Teppichs bereicherten.
Nachdem die Grundflächen solchermassen angenäht waren, erfolgte abschliessend die lineare Gestaltung: Verzierung der Gewänder, Formen und Umrisse von Händen, Köpfen usw. Das freilich musste meine persönliche Arbeit bleiben. Bei der festlichen Einweihung der Kirche hing unser Teppich an seinem Bestimmungsplatz. Jede Frau betrachtete nochmals ihre Arbeit.

Da war zum Beispiel der Schlüssel von Petrus. Eine eifrige Näherin hatte sich gewünscht, diesen sticken zu dürfen. Sie gab sich für den dunklen, mächtigen Schlüssel auch eine unendliche Mühe. Oder das rote Buch des Apostels Matthäus; mit wie viel Sorgfalt und Liebe wurde dieses gestickt. Oder die Säge des Apostels Simon! Bis zum letztmöglichen Augenblick verbesserte die alte Dame liebevoll die scharfen Zacken.

Der Teppich ist zwei Meter hoch und neun Meter lang, und wir brauchten zu seiner Herstellung 3600 Arbeitsstunden. Er ist also eine wirkliche Gemeinschaftsarbeit, der alle ihr bestes Können und ihr ganzes Herz gewidmet haben.

   
   

 
Detail: Zentrum mit Kreuz


   
   
     

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