ANNE WANNER'S Textiles in History   /  publications

Biblische Darstellungen aus dem Alten Testament
Wollstickereien
aus der deutsch sprachigen Schweiz um 1600

Symposium in Deerfield, USA., September 2007 - Vortrag von Anne Wanner-JeanRichard, Dr.phil.
ehemalige Kuratorin am Textilmuseum St.Gallen,  Switzerland


in deutscher Sprache
vergleiche auch
englische Version


  Inhalt der Präsentation:
1. Stickereifolge mit Bildern aus "Samson": Materialien und Techniken
2. Stickereifolge mit Bildern aus "Tobias": Herkunft und Stickerinnen
3. Landschaftsdarstellung: Jahreszeitenbilder in München und Augsburg, Vorbilder und Vorzeichnung
4. Einzelne Motive


   
  Vortrag Samson:
Bild-Stickereien, thematisch vielseitigen Wollstickereien, waren im 16. und 17. Jahrhundert beliebte Schmuckstücke des bürgerlichen Hauses.
Familienwappen, betont durch ein Medaillon oder einen Kranz, und manchmal zusätzlich begleitet von Jahrzahlen und Initialen, können Hinweise geben über genaue Entstehungszeit. Es scheint, dass die ältesten Arbeiten dieser Gruppe um ca. 1520 entstanden. Um 1600 ist ein Höhepunkt feststellbar, aber noch bis gegen die Mitte des 17. Jh. sind sie anzutreffen. Ein Schwerpunkt dieser Stickarbeiten lässt sich um 1600 im Gebiete des Bodensees nachweisen.

Die Epoche ist gekennzeichnet  durch wohlhabende Bürger. Die reich verzierten Ausstattungstextilien zeigen, dass es sich seit Mitte des 16. Jhs, nach den Wirren der Reformation wieder anspruchsvoller leben liess.
- Handelsgesellschaften verkauften ihre Waren in ganz Europa.
- Durch Handel, wie durch vertriebene Glaubensflüchtlinge gelangten neue Waren und  Techniken in die Schweiz.
- Die Zeit nach der Reformation war für Maler und Künstler nicht einfach, Aufträge der Kirchen blieben aus. Nun erteilten reichen Bürger den Künstlern Aufträge.
Zunächst zeige ich 2 Folgen von Wollstickereien, die je ein Thema aus dem alten Testament behandeln. Aber abgesehen vom Inhalt, auf den ich später eingehen will, sollen die Ausführungen auf die äussere Erscheinung und auf Dokumente aufmerksam machen. Damit möchten Fragen von Herstellerin, Herstellungsort und Herstellungszeit noch genauer angesehen werden.

Mit farbigen Wollgarnen wurde auf einen Stoffuntergrund gestickt. Dazu verwendete man zum Teil dunklen Wollstoff oder aber beigefarbene Leinwand. Bei den einen Stickereien ist der Stoffgrund oft nur teilweise bedeckt und in die Gestaltung miteinbezogen. Demgegenüber ist der leinene, um 1600 verwendete Stoffgrund, oft so dicht mit Stichen überzogen, dass er auf der Bildseite nicht in Erscheinung tritt.
Als Sticktechnik verwendete man hauptsächlich sog. Klosterstich. Er besteht aus einem langen gespannten Stickfaden, der mit kleinen Ueberfangstichen desselben Materials auf dem Grunde festgehalten wird. Neben farbigen Wollen kommen auch seidene Garne vor. Auch finden sich zusätzliche Materialien wie feine Metalldrähtchen, Glasperlen, aufgenähte Spitzen oder echte Haare.

Bei den hier gezeigten Stickereifolgen fällt auf, dass sie in schmalen Streifen von ungefähr 20 cm Breite gearbeitet wurden. Mehrere dieser Streifen behandeln dieselbe Geschichte und gehören offensichtlich in denselben Zusammenhang. Es ist nicht immer klar, wozu die Streifen verwendet wurden, sind sie doch häufig nicht in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten.




Verkündigung der Geburt Samsons



Der Engel bestätigt seine Botschaft, Opfer einer Ziege



Samson kämpft mit einem Löwen



Delila schneidet Samsons Haare



Samson zerstört den Tempel

 
Die Samsonfolge
Eine private Sammlerin in der Schweiz kaufte diese Stickereien vor wenigen Jahren im Kunsthandel. Beim Grundgewebe handelt ist sich um beige Leinwand. Die 5 Streifen wurden zusammengenäht und von einem Holzrahmen umrahmt. Doch ist dies nicht die ursprüngliche Form.
Die einzelnen Bildfelder sind etwa 18 cm breit und ca. 45 cm lang. Die 4 Bordüren mit Früchten, die zwischen einigen Streifen vorkommen, sind 1,5-2cm breit. Die Enden der einzelnen Streifen passen nicht aneinander und es ist gut möglich, dass Teile von den Szenen fehlen. Es ist deshalb nicht klar, ob es sich früher um einen langen durchgehenden Bildstreifen handelte, oder ob die Folge immer aus mehreren kurzen Teilen bestand.
Auf Leinwand aufgemalte Ergänzungen sind sichtbar, sie wurden vermutlich bei dieser neueren Zusammenstellung und Einrahmung vorgenommen.

Die Stickerei zeigt Szenen aus der Geschichte von Samson, altes Testament, Richter, Kap. 13.
Ein Engel kündet der Gattin des Manoah die Geburt eines Sohnes an. Dieser Sohn würde sich durch grosse Stärke auszeichnen, damit sei er bestimmt, das Volk Israel von den Philistern zu befreien. Seine Haare dürften jedoch niemals geschnitten werden.
Manoah glaubt seiner Frau zunächst nicht und bittet Gott um ein weiteres Zeichen.
Der Engel erscheint ein zweites Mal und wiederholt seine Botschaft, daraufhin bringt das Ehepaar Gott ein Brandopfer dar.

Im Folgenden sind 3 grosse Taten aus Samsons Leben dargestellt:
- mit seinen blossen Händen bringt er einen Löwen ums Leben
- am bekanntesten ist wohl die Geschichte vom Verlust von Samsons Stärke: Mit List fand Delila heraus, worauf die Kraft Simsons beruht, im Schlaf schneidet sie ihm die Haare ab, nun wird er gebunden, geblendet und ins Gefängnis geworfen.
- Die Haare wachsen wieder nach, und als er eines Tages an einem Fest den Philistern zur Belustigung dienen soll, stemmt er sich mit der wiedergekehrten Stärke an die Säulen der Hauses in welchem gefeiert wird. Das Haus stürzt zusammen und begräbt Philister und Samson unter sich.

Im 16. und beginnenden 17. Jh. waren die Geschichten aus dem alten Testament beliebt. Im textilen Bereich kommen sie in Wirkerei und Stickerei vor. Der spätmittelalterliche Mensch sah in ihnen Beispiele für Schicksalslenkung durch Gott.

       

 

sog. Stuhlbezug mit Szenen aus der Samsongeschichte


 







Detail: Samson legt Feuer in die Kornfelder

  Eine Stickerei aus dem Schweiz. Landesmuseum Zürich, zeigt weitere Szenen aus derselben Geschichte. Er trägt das Datum 1608 und die Initialen E.Z.
Zum Inhalt: Samson gab anlässlich seiner Hochzeit mit einer Philisterin ein Rätsel auf. Die junge Frau konnte dem Drängen ihrer Landsleute nicht widerstehen , plauderte des Rätsels Lösung aus. Aus Zorn fängt nun Samson dreihundert Füchse, bindet je zwei an den Schwänzen zusammen, bringt dazwischen Feuer an und jagt die brennenden Tiere in die Kornfelder der Philister. Damit beginnt die kriegerische Auseinandersetzung.
Die Akten des Museums bezeichnen die Folge als Stuhlbezug. Jedoch kann ich mir nur schwer vorstellen, wie ein Stuhl mit einem solchen Bezug aussehen müsste. Die Stickerei ist gut erhalten, leuchtend in den Farben und zeigt keinerlei Spuren von alltäglichem Gebrauch.

Die schrecklichen Geschehnisse der Samson Geschichte sind eingebettet in friedliche Landschaftsszenen mit Flussläufen, Häusergruppen, Bergen, Tieren. Neben den bekannten einheimischen Tiere kommen auch fremdartige, wie z.B. Elephanten vor.
Die Wolken am Himmel ballen sich zu eigenartigen Zopfgeflechten zusammen.

       

 

Tobias und der Engel Raphael auf Wanderschaft

 





Tobias und Sara im Brautgemach, der Engel vertreibt den bösen Geist, unter welchem die Braut lange Zeit gelitten hatte

 
Die Geschichte von Vater und Sohn Tobias wird im Textilmuseum St.Gallen aufbewahrt.
Es ist weder eine Jahrzahl noch eine Signatur vorhanden.
Wieder haben wir eine Folge von sechs einzelnen Stickereien in unterschiedlicher Form vor uns.
Ihre Masse sind ähnlich wie diejenigen der bereits betrachteten, nämlich ca. 25 cm hoch und bis ca. 60 cm lang. Falls auch sie einen Stuhl verzierten, würde in diesem Falle das Mittelteil für die Sitzfläche fehlen. Es fällt auf, dass auch unter diesen Streifen eine Szene mit abgerundeten unteren Ecken vorkommt.

Inhalt:
Die Geschicht von Vater und Sohn Tobias ist in den Apokryphen zu finden.
Die Erblindung von Vater Tobias steht am Anfang. In der Folge sollte der Sohn Tobias ein früher ausgeliehenes Guthaben bei einem Verwandten zurückholen. Nach langer, ermüdender Wanderung ruht sich Tobias aus und badet seine Füsse im Fluss. Ein grosser Fisch versetzt ihn in Angst und Schrecken. Sein Begleiter, der in Wirklichkeit ein Engel ist, rät ihm zu handeln, den Fisch aus dem Wasser zu ziehen und daraus eine Mahlzeit zu bereiten. Herz, Leber und Galle solle er aufbewahren für spätere Hilfen.
Die nächsten Bilder zeigen denn auch andere schwierigen Situationen: Ein böser Geist kann Tobias nichts anhaben, denn nun verbrennt er Herz und Leber, und der dabei entstehende Rauch vertreibt den Geist. Schliesslich verwendet Tobias die Galle des Fisches als Augensalbe, damit erhält der Vater das Licht seiner Augen zurück. Als letztes Bild gestaltet die Stickerin einen reichlich gedeckten Tisch mit feiernden Menschen, denn alle Schwierigkeiten sind nun überwunden.

Ueber die Herstellerinnen der Wollstickereien ist wenig bekannt. Jedoch gibt es zu dieser Frage einige Untersuchungen, und die Vermutung besteht, dass Töchter des gehobenen Bürgertums sich mit Stickarbeiten beschäftigten.
- Als Beispiel wird immer wieder der 1601 datierte Wandbehang im Schweizerischen Landesmuseum zitiert. Darauf sind die Mitglieder der Familie Morelli dargestellt und die Stickerin Luigia Morellin stellt sich selber dar.

- Es sind zudem Briefe erhalten, aus denen hervorgeht, dass z.B. die Töchter des Zürcher Hauptpfarrers Heinrich Bullingers (1504-1575) für ihre Handarbeiten weitherum bekannt waren. So wollte Petronella, Nichte des Reformators Ambroisus Blarer von Konstanz, bei Bullingers Töchtern in die Kunst des Stickens eingeführt werden.
- Jenny Schneider, frühere Kuratorin für Textilien am Schweiz. Landesmuseum in Zürich, fand Spuren einer jungen Stickerin, die ihre Arbeiten oftmals mit ihren Initialen B.P. signierte. Mit Hilfe von Familienwappen wies sie nach, dass es sich um die Schaffhauserin Barbara Peyer handelte.


Ergebnisse bereits bekannter Untersuchungen seien nun anhand einer Wollstickerei in Zürich und einer anderen in München hier angefügt:


   
 

Verlöbnis von Tobias und Sarah
 

Familienwappen Peyer und Zollikofer
Initialen BP
       
 
Tobiasgeschichte, Schweiz. Landesmuseum als Vergleich
Die ganze Stickerei ist an einem Stück erhalten, sie ist 36 cm hoch und 174 cm lang.
Als wichtige Datierungshilfen sind rechts und links Wappen in Medaillons angebracht, nämlich der Schaffhausen Familien Peyer und Zollikofer. Es findet sich das Datum 1601 und die Initialen B.P. Wir haben also eine Stickarbeit der erwähnten Stickerin vor uns.

Die Detailaufnahmen zeigen stilistische Unterschiede zu den bereits bekannten Stickereien mit Samson oder mit demselben Tobiasthema in St. Gallen.
Die Unterschiede zeigen sich besonders im Detail, etwa in der Gestaltung der Wolken, der Früchtebordüre, sowie der Anordnung der Szenen auf diesem etwa doppelt so breiten Streifen.

Sabine Philip, eine Kunsthistorikerin behandelte ca. 1995 in ihrer Abschlussarbeit das Thema der Wollstickereien in München. Innerhalb dieses Hauptthemas verglich sie ebenfalls die beiden erwähnten Tobias Stickereien und kam zum Schluss, dass die Tobiasstickereien in St.Gallen nicht von der Hand Barbara Peyers stammen würden, und dass demzufolge eine andere Werkstatt zu suchen sei.
Sie sieht auch eine enge Verbindung von den hier anschliessenden Bildern im Bayerischen Nationalmuseum in München zu Werken aus dem Zürcher und dem Schaffhauser Raum.

   
 

Tischteppich im Bayerischen Nationalmuseum, München
 

Detail aus der Randbordüre: Jahreszeitenbild
       
  Tischteppiche:

Im Bayerischen Nationalmuseum in München werden zwei grosse Tischteppiche aufbewahrt in der Grösse von ca. 2 x 3 m. Auf dunklem Wollgewebe sind Bildszenen aufgestickt.
Im Zentrum, gerahmt von einem Medaillon, ist die Geschichte von Susanna im Bade wiedergegeben. Darum herum, in Phantasiebllüten und Blattranken tummeln sich einheimische und wilde Tiere.
Die Randbordüre in München stellt die Tätigkeiten dar, die zu den entsprechenden Jahreszeiten passen. Drei Eckmedaillons erzählen von tugendhaften Frauen. In den vierten Ecke. erscheint das Wappen der Familie Pfister von Lindau.
Es fällt auf, dass Reformatoren im Zusammenhang mit Wollstickerei genannt werden. Zu dieser Familie gehört der evangelische Theologe Johannes Marbach. Eine Hochzeit ist 1596 dokumentiert. Dieser Teppich, mit Darstellung von tugendhaften Frauen, könnte als Hochzeitsgeschenk gearbeitet worden sein.

Die Randbordüre ist etwa 20 cm hoch, also in den Massen vergleichbar mit den Szenen bei Samson oder Tobias. Auch die Stickerei mit Samson in Privatbesitz kann in diesen Vergleich einbezogen werden. Nebeneinandergehalten zeigen die Darstellungen vor allem in Landschaftsausblicken grosse Verwandtschaft.


       

  Vorlagen:

Im 16. Jh. verbreiteten sich gedruckte Bücher sehr rasch in breite Bevölkerungsschichten, denn mit zusätzlichen Bildern konnten auch des Lesens Unkundige an den Erzählungen teilhaben.
Diese zeitgenössische Graphik, also Illustrationen der Bibel und ebenso der Ornamentstich, hinterliessen ihre Spuren im Kunsthandwerk. Man verwendete sie in fast allen Zweigen des Kunsthandwerks als Vorlagen.

Interessant sind die Bezüge zur Glasmalerei. Damals kam die Mode auf, die Fenster von Privathäusern mit Kabinettscheiben zu verzieren. Diese bemalten Glasscheiben verloren im Verlaufe des 17. Jhs mehr und mehr ihre mittelalterliche Buntheit, es handelte sich nun um Malerei auf Glas. Neben Familienwappen erschienen vielfach bildliche Darstellungen.

Zu Vergleichszwecken zeige ich hier eines von vier Augsburger Jahreszeitenbilder. Es handelt sich um eine Folge von vier Oel Bildern, die im Auftrage einer reichen Augsburger Familie entstanden und die verschiedenen Tätigkeiten im Jahresverlauf zeigen. Ihre Masse sind je ca. 2 x 3 m.
Jahreszeitenbilder sind seit dem Mittelalter bekannt. Man verwendete entsprechende Darstellungen im Kunstgewerbe als eigenständige Motive. Seit der Mitte des 16. Jhs, kommen sie z.B. auf Keramik, auf Tellern und Schüsseln, und wie der Münchner Teppich zeigt, auch auf Textilien vor.
Im 16. Jh. lässt sich ein allmählicher Wandel von Darstellungen der Jahreszeiten zur Wiedergabe von Landschaft als solche feststellen.
Auch die bereits betrachteten Bildstickereien sind reich an Landschaftswiedergaben. Allerdings zeigen sie sich im Hintergrund und bilden Szenerie der Bilddarstellungen
       
 

Oelgemälde, Jahreszeitenbild, heute in Berlin, Historisches Museum



 

Glasgemälde, heute Kaiserslautern, Deutschland
Monat Juli, von Jörg Breu d.Aeltere, 1480-1537



 

Detail aus Oelgemälde, heute in Berlin
 

Detail aus Glasgemälde, Kaiserslautern, Deutschland

       
 
Ueber die Augsburger Jahreszeiten Bilder gibt es genaue Untersuchungen. Unmittelbare Vorlage für die meisten Motive waren die Scheibenrisse, die der Augsburger Maler Jörg Breu d. Ä. um 1525 im Auftrag der Augsburger Patrizierfamilie Höchstetter angefertigt hat. Jeweils drei Monate sind auf einem Gemälde zusammengefasst und mit den jeweiligen Monatsnamen bezeichnet worden. Thema der Bilder sind neben Tätigkeiten in den entsprechenden Jahreszeiten, die Vergnügungen der Bauern, Bürger und Adligen in den einzelnen Monaten.

Glas- und Kabinettscheiben entstanden in Werkstätten. Man kann annehmen, dass zur Gestaltung des Bildprogrammes verschiedene Gruppen von Zeichnungen nötig waren:
- die Zeichnungen der Meister blieben wohl als Meisterentwurf in der Werkstatt
- davon ausgehend wurden Arbeitsvorlagen hergestellt
- erhalten geblieben sind auch Vorlagen mit einfachen Konturlinien und Umrissen. Diese Vereinfachungen von differenzierteren Originalen müssen als eigentliche Vorlagen für den Glasmaler direkt unter die Glasscheibe gelegt worden sein.

Besonders für diese Scheibenmalereien war ein umfangreiches Vorlagenmaterial notwendig. Es ist denkbar, dass Auftraggeber ihre Programme jeweils nach den Wünschen ihrer Kunden aus einem vorhandenen Vorlagenbestand zusammenstellten.

Ein Landschaftsausschnitt aus dem Gemäldezyklus sei nun hier gezeigt und mit Ausschnitten aus den Wollstickereien verglichen. Zwar kann die Sticknadel nicht dieselben Feinheiten ausführen wie der Pinsel, doch finden sich Aehnlichkeiten in einzelnen Darstellungen von Hügeln, Burgen, Felsen, Wasserläufen.
       
 

Detail aus Oelgemäldes, Jahreszeitenbild, Berlin
 

Detail des Tischteppichs, München
       
 


Zwei Details der Stickerei mit Samson, Privatsammlung
 

   
  Tierstreifen:
Kehren wir nun nochmals zurück zum Münchner Tischteppich.
Hier sind im Zentrum des Teppichs, neben den Jahreszeitenbilder und den Szenen aus dem alten Testament, Tiere und Phantasieblüten in Pflanzenranken wiedergegeben.

Ich zeige hier nun eine ähnliche Stickerei auf dunklem Grund, mit der Jahrzahl 1598 und den Wappen von Rudolfis und Schobinger, ganz offensichtlich sind sie verwandt mit dem Münchner Teppich.
Die Besitzerin der eingangs besprochenen Samsonbilder kaufte schon in früheren Jahren diese aus mehreren Streifen bestehende Arbeit.
Die Streifen passten an ihren Enden aneinander und liessen sich zu einem Bettbordüre zusammenstellen. Vor kurzem stellte sich nun heraus, dass dieses Stück früher zur Iklé Sammlung gehört hatte, es ist im Tafelband Iklé/Fäh von 1919 abgebildet ist, Taf. 23, S. 36.

       
 



Bettbehang, vor wenigen Jahren neu montiert, Privatsammlung
 

Detail desselben Behanges, gemäss Abbildung im Tafelband Iklé/Fäh, 1919
       
 





Zwei Details des Bettbehange, Privatsammlung

 

       

 
Vergleich der verschiedenen Bordüren:
Samson privat und Samson Zürich zeigen zwischen den einzelnen Szenen Früchtebordüren, die mit den Früchten der Tierbordüre verwandt erscheinen.

Unterschiedlich ist dagegen ein entsprechender Streifen bei der Tobiasgeschichte in Zürich. Die Früchte und Blätter sind zu einem Gebinde angeordnet und nicht zwischen Balken eingezwängtt.
Die ähnliche Entstehungszeit lässt nun vermuten, dass diese Bordüren in derselben Werkstatt entstanden.

Auch Sabine Philipp hatte eine stilistische Verwandtschaft zwischen der St.Galler Tobiasfolge und dem Münchner Teppich festgestellt. Demzufolge vermutete sie, das es im Gebiet des Bodensees einen werkstattähnlichen Betrieb gegeben haben müsste. Mit der Bettbordüre mit Datum 1598 lässt sich eine weitere Arbeit in diese Gruppe einordnen.

Auffallend ist nun, dass es sich bei den heute erhaltenen Arbeiten dieser Gruppe meist um schmale, ca. 20cm breite Streifen handelt. Münchner Teppich, St.Galler Tobiasfolge und Tierbordüre sind auf dunklen Wollstoffen gearbeitet, währenddem für die beiden Samson Folgen rohe Leinwand als Grundgewebe gewählt wurde. Denkbar wäre, dass in derselben Werkstatt nicht immer dasselbe Grundgewebe für Stickereien Verwendung gefunden haätte.
       
 

Detail von Samson, Privatsammlung

 

Detail von Samson, Zurich
 

Detail eines Bettbehanges, Privatsammlung

 

Detail von Tobias, Zurich

   

 
Vergleiche mit Darstellungen von Engeln:
Das etwas spätere Beispiel mit der Jahrzahl 1624 aus Zürich möchte ich an den Schluss dieser Betrachtung stellen. Das Kissen aus dem Schweiz. Landesmuseum in Zürich trägt das Wappen Zollikofer, dasselbe erscheint auf dem Behang mit der Geschichte des Tobias, auch in Zürich.

Zuerst sei der wappenhaltenden Engel mit der Jahrzahl 1598 betrachtet (vgl. Bild oben - Bettbordüre). Er lässt sich vergleichen mit anderen Engeln auf bereits erwähnten Wollstickereien, nämlich mit dem Engel der Samson Serie ebenso mit dem St.Galler Tobias oder dem Zürcher Tobias. Letzterer ist 1601 datiert und zeigt das Wappen Peyer-Zollikofer, wie die Initialen B.P.

Aehnlichkeiten in der Wiedergabe des Engels und auch die Freude an der Gestaltung der Tiere und die Aehnlichkeit mit den früheren Tierstreifen weisen darauf hin, dass Vorlagen über längere Zeiten hinweg immer wieder und erneute Anwendung gefunden haben.

   
 



Engel, Detail von Tobias St.Gallen

 



Engel, Detail eines Kissenbezuges, 1624, Zurich

       
 



Engel, Detail von Tobias, Zurich 

 



Engel, Detail von Samson, privat

       

content  Last revised 20 November 2011