ANNE WANNER'S Textiles in History / scan books |
Thesis of Anne Wanner-JeanRichard: Kattundrucke der Schweiz im 18. Jahrhundert, ihre Vorläufer, orientalische und europäische Techniken, Zeugdruck-Manufakturen, die Weiterentwicklung, Basel, 1968 |
Kattundrucke der Schweiz im 18. Jahrhundert ihre Vorläufer, orientalische und europäische Techniken, Zeugdruck-Manufakturen, die Weiterentwicklung Basel, 1968 section 1 |
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Vorwort
............................................
..............................1 I. Über den direkten Stoffdruck und seine frühe Entwicklung 1. Betrachtungen über Alter und Herkunft ........ ............2 2. Romanische und gotische Druckstoffe Europas .........4 3. Das 16. und 17. Jahrhundert .....................................6 4. Mittelalterliche Vorschriften für den Direktdruck..........7 see 2nd section II. Indiennes im Orient und in Europa 1. Über Herkunft und Entwicklung des orientalischen Musterungsvorganges 2. Die Bedeutung der ostindischen Handelskompagnien 3. Erste Nachahmungsversuche und Einschränkungen 4. Bedeutende Druckerei-Betriebe außerhalb der Schweiz 5. Oberkampf, Schule und Leitenberger 6. Die Zeugdruck-Manufakturen der Schweiz see 3rd section III. Farbstoffe und Druckanweisungen 1. Farbstoffe für die örtliche Färbung von Baumwollgeweben 2. Krapp- und Türkischrot 3. Indigo und Probleme der blauen Farbe 4. Färbevorschriften 5. Über die Druckmethoden 6. Zur Datierung und Gruppierung der europäischen Druckstoffe see 4th section IV. Die Druckstoffe des 18. Jahrhunderts 1. Indische Tücher 2. Europäische Stoffe nach indischem Vorbild 3. Die Blaudrucke 4. Beizengefärbtestoffe 5. Die Bodendrucke 6. Camaieux und Sables 7. Mehrfarbige Stoffe 8. Indiennes ordinaires oder Mignatures 9. Zusammenfassung see 5th section V. Das 19.Jahrhundert und verschiedene Dekorationstextilien 1. Glarnerische Zeugdrucke 2. Die Souvenirtücher 3. Der Lebensbaum 4. Tapeten VI. Schlußbetrachtungen Zeugdruck Fabrikanten und Betriebe in der Schweiz...............................72-86 Literatur-Verzeichnis...........................................................................87-93 |
Anmerkungen
zu Text und Abbildungen: 1 bis 193 = Hinweise, die sich auf den Text beziehen 200 bis 340 = Nachweis von abgebildeten und besprochenen Stoff-Beispielen |
1 | Vorwort Eine ganze Reihe buntbedruckter Schürzen und Damenkleider, die bei der Neuordnung der Textilbestände des Schweizerischen Landesmuseums Zürich zum Vorschein kamen, gab Anregung zu der vorliegenden Arbeit. Als in den Museen von Basel, Bern und Colombier weitere Baumwollstoffe entdeckt werden konnten, faßte ich den Entschluß, diese Stoffe des 18. Jahrhunderts aus schweizerischen Sammlungen in einem Katalog zusammenzufassen. Im Laufe der Arbeit zeigte es sich, daß der Musterungstechnik, die namentlich in 18. Jahrhundert angewandt wurde, eine besondere Bedeutung zukommt, und daß die Handelsbeziehungen zu orientalischen Ländern eine große Rolle spielen. Es war daher unumgänglich, auf die Besonderheiten von Technik und Handel einzugehen. Daß die Produktion des 18. Jahrhunderts eine Sonderstellung innehat, sollen die Einleitung, in der einige Beispiele früher Erzeugnisse genannt werden, und das Schlußkapitel zeigen, in dem kurz auf die Produktion des 19. und 20. Jahrhunderts eingegangen wird. Die Datierung der Stoffe konnte nur in sehr grober Art vorgenommen werden, und auch eine Lokalisierung erwies sich als praktisch unmöglich, da die Stoffe als Handelsware ihren Ursprungsort normalerweise verlassen haben und der Auffindungsort daher über den Ort der Entstehung nichts aussagt. Aus diesem Grunde war es auch nicht möglich, sich auf Beispiele aus schweizerischen Sammlungen zu beschränken. Namentlich die gut bearbeiteten Druckstoffe des Victoria and Albert Museums in London bildeten für Vergleiche wertvolle Hilfe. In diesem Zusammenhang sei auch der kürzlich verstorbene Wissenschaftler Peter Floud, Konservator am Victoria and Albert Museum, genannt, dessen Publikationen Wesentliches über die Entwicklung der englischen Zeugdruckindustrie enthalten. Der Vergleich von Stoffen mit Druckmodeln und Musterzeichnungen, die manchmal datiert sind, ließ mich Vermutungen über Datierung und Lokalisierung anbringen. Wenn im Anschluß an solche Vermutungen auch versucht wurde, die Produktion der einzelnen Orte wieder erstehen zu lassen, so handelt es sich dabei um Versuche, die sich nur in wenigen Fällen auf urkundliche Überlieferungen stützen. Einigermaßen reale Grundlagen zur Gruppierung bildeten lediglich die gebräuchlichen Handelsbezeichnungen des 18. Jahrhunderts. |
Leider erwies sich die vorhandene Literatur über das Thema nicht als ganz zuverlässig. Vielerorts herrscht, gerade in technischen Belangen, eine verheerende Verwirrung der Begriffe. Es war keine einfache Aufgabe, hier das Gute vom Schlechten zu scheiden. Glücklicherweise konnte ich mit Herrn Paul R. Schwartz dem Präsidenten des «Musée de L'impression sur étoffes de Mulhouse» und dem wohl bedeutendsten lebenden Historiker auf diesem Gebiet der Indiennes, Kontakt aufnehmen. Ich bin ihm für viele wertvolle Hinweise sehr dankbar. Danken möchte ich ebenfalls Fräulein Dr. Jenny Schneider, Konservatorin der Abteilung Textilien am Schweizerischen Landesmuseum Zürich, die mir unermüdlich mit Rat und Tat beistand. Dank schulde ich auch dem im Herbst 1965 verstorbenen Ordinarius für Kunstgeschichte, Herrn Professor Dr. Gotthard Jedlicka, der durch seine Zustimmung die Arbeit ermöglicht hatte. Leider konnten die Untersuchungen nicht unter seiner Leitung zu Ende geführt werden. Doch zeigte Herr Professor Dr. Adolf Reinle viel Verständnis beim Abschluß der Dissertation. Auch ihm möchte ich für seine Hilfe danken. Für wertvolle Hilfe in der Materialbeschaffung danke ich außerdem: Frau Dr J. M. van Eykern-Balkenstein, Kostümmuseum Den Haag; Herrn Donald King Deputy Keeper, Department of Textiles, Victoria and Albert Museum, London; Fräulein Elisabeth Mathey, Konservatorin am Musée de l'impression de Mulhouse; Fräulein Orietta Spirito, Genua; sowie den folgenden Autoren und Konservatoren schweizerischer Museen: Madame Dorette Berthoud, Grandverger; Frau Dr. Erika Billeter, Kunstgewerbemuseum Zürich; Herrn Dr. U. Ferd. Blumer, Schwanden; Monsieur Maurice Bovet, Colombier; Monsieur Raymond Deonna, Genève; Herrn Theodor Elsasser, Aarau; Herrn Erwin Engeler, Diessenhofen; Herrn Dr. Hans Erb, Rätisches Museum Chur; Monsieur Marcel Gauthey, Musée d'Art et d'Histoire Genève; Herrn A. Hartmeier Arbon- Herrn Dr. Hans Lanz, Historisches Museum Basel; Fräulein Mechthild Lemberg, Historisches Museum Bern; Herrn Dr. Heinz Matile, Historisches Museum Bern; Herrn Albert Müller-Müller. Freulerpalast Näfels; Fräulein Dr. J. Müller, Gewerbemuseum Basel; Herrn Dr. P. Suter, Regierungsgebäude Liestal; Herrn Fritz Zbinden, Heimatmuseum Horgen und verschiedenen Betreuern kleinerer Sammlungen. Endlich war ich sehr froh um die nützlichen Auskünfte und Hinweise von: Frau Elsie Giauque, Kunstgewerbeschule Zürich; Frau Luise Meyer-Strasser; Herrn Walter Tappolet und vom Stoffdruck-Unternehmer Herrn R.R.Wieland. |
I.
Über den direkten Stoffdruck und seine frühe
Entwicklung 1. BETRACHTUNGEN ÜBER ALTER UND HERKUNFT |
2 | Die Frage
nach den Anfängen der Stoffdruck-Technik ist immer
wieder gestellt worden. Vielleicht wurde die Musterung
durch Druck im Zusammenhang mit der Weberei und den
textilen Künsten zum erstenmal angewendet. Aber
möglicherweise sind die Tongefäße der Steinzeit, die
eine Musterung durch Fingereindrücke aufweisen, älteste
«bedruckte» Gegenstände. Ganz elementar ist das Bedürfnis des Menschen, sich von seinen Artgenossen abzuheben, auszuzeichnen. Man glaubt sogar, daß diesem Bedürfnis nach Verzierung und Schmuck früher Rechnung getragen worden sei als dem Trieb, sich vor Kälte und Wind zu schützen. Jedenfalls stehen Verzierungskünste, die mit dem Menschen selber und mit seiner Bekleidung - also mit Textilien - zu tun haben, ganz am Anfang der Menschheitsgeschichte, und man schließt daraus, daß gemusterte Gewebe lange vor verzierten Metallen oder anderen Materialien angefertigt worden sind. Andererseits kann weiches Tonmaterial sehr leicht mit sich wiederholenden Formen geschmückt werden. Es sind denn auch steinzeitliche Gefäße bekannt, deren Dekoration dadurch entstand, daß man kreisrunde oder dreieckige Holzstäbchen immer wieder in den noch ungebrannten Ton eingedrückt hat (1). Obwohl die Stoff-Verzierungskunst mindestens ebenso alt sein muß, sind leider bis heute keine bedruckten Gewebe aus vorchristlicher Zeit zum Vorschein gekommen, und es läßt sich so nicht nachweisen, ob das Drucken zum erstenmal bei den Vasen ausgeführt wurde, oder ob es bereits als Form der Textilmusterung bekannt war. Als Drucken wollen wir einen Vorgang bezeichnen, bei welchem mittels eines Gegenstandes auf einer geeigneten Unterlage sich ständig wiederholende Zierformen erzeugt werden. Der steinzeitliche Töpfer hatte sich einer solchen Druck-Technik bedient. Farbe als Bindeglied zwischen Form und Abdruck war nicht vorhanden, denn der weiche Ton erforderte sie nicht unbedingt. Zur Verzierung von Geweben wird die Farbmasse dagegen nötig, weil das Holzmodel ohne Farbe auf dem Stoff keine Spuren hinterläßt. Und diese Spuren, also die Musterungen bilden ja den eigentlichen Zweck des Vorganges. |
Die Frage
nach der Priorität von Stoff- oder Tonmusterung wird
zwar mit diesen Überlegungen nicht eindeutig
beantwortet, doch können wir vermuten, daß die
kompliziertere Technik, die noch als drittes Element
Farbe verlangt, nach der primitiveren Eindrucktechnik in
Ton entwickelt worden ist. Ebenfalls nicht ohne weiteres läßt sich die Frage nach dem Erdteil, in dem zum erstenmal auf Stoff gedruckt wurde, beantworten. Anstatt Vermutungen aufzustellen, wollen wir in diesem Abschnitt einige Stoffbeispiele näher betrachten. Nun liegt es allerdings an der Beschaffenheit des textilen Materiales, daß solche Beispiele nicht in großer Anzahl aus verschiedenen Ländern und Zeiten vorhanden sind. Vor allem die frühen Druckstoffe sind weitgehend Zufallsfunde, die einzig wegen den günstigen Umweltsbedingungen im Laufe der Jahre nicht verdorben sind. Sehr oft stammen diese Funde aus orientalischen Ländern, und häufig weicht das angewandte Musterungsverfahren von der eben dargelegten Methode etwas ab. Die Farbe steht nämlich nicht in direktem Zusammenhang mit der Form. Anstatt Farbe druckte man eine Schutzmasse auf das Gewebe und diese verhinderte, daß die so geschützten Stellen im folgenden Färbebad die Farbe annahmen. Auf diese Weise wurden also nur die Formen gedruckt, die am Ende ungefärbt und weiß sein sollten. Ein entsprechendes Beispiel fand man in Achmim (Oberägypten). Der Ort war mehrere Jahrhunderte lang Begräbnisplatz für die Bewohner der antiken Stadt Panopolis, und am Ende des 19. Jahrhunderts kam hier eine blau-weiß gemusterte Kindertunika zum Vorschein (1,2). Das Kleid (200) mißt in der Höhe 47 cm, am Saum mißt man 51 cm und oben, bei ausgestreckten Ärmeln 57 cm. |
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![]() 200, Kinderkleid, Ciba 24, S. 856, V+A London 1522-1899 |
_________ 1 Vgl. R.FORRER, Die Urform des Bilddruckes, in: Antiqua, Spezialschrift für prähistorische Archäologie, 1890, S. 53. 2 Vgl R FORRER, Die Kunst des Zeugdrucks vom Mittelalter bis zur Empirezeit, Straßburg, 1898, S.8, und G. SCHAEFER, Mittelalterlicher Zeugdruck, in Europa, m: Ciba-RundschauNr.24 Basel 1938, S. 857. |
________ 200, Kinderkleid, Ciba 24, S. 856, V+A London 1522-1899 |
3 | Die
Stoffverzierung geht auf verschiedene Zeugdruckmodel
zurück. Man benützte für die Rautenseite ein
Stabmodel, für die Schnittpunkte der Rautenseiten ein
Punktmodel sowie ein Model in Sternform zur Musterung der
Rautenfelder. Um diese Formen weiß zu erhalten, druckte
man mit den genannten Modeln eine Schutzmasse auf das
Gewebe und färbte die blaue Grundfarbe im Farbbad aus.
Bei eingehender Betrachtung unseres Beispieles sehen wir,
daß die Formen an den Nahtstellen des Kleides
unterbrochen sind. Die Tunika wurde demnach nicht als
Einzelstück gemustert, man erwarb den verzierten Stoff
vielmehr am Stück. Also müssen solche Gewebe damals
Handelsware gewesen sein. Forrer datiert das Kleid ins 4.
nachchristliche Jahrhundert. Der Schnitt der Tunika hat aber auch schon zu anderen Ansichten Anlaß gegeben. Lange vermutete man, es handle sich um ein mittelalterliches Kleidungsstück. Heute (3) wird angenommen, es sei im 6. oder 7. Jahrhundert nach Chr. entstanden. Derselbe Begräbnisplatz Achmim barg auch Holzmodel als Grabbeigaben. Solche Gegenstände weisen meistens auf den Beruf der Verstorbenen, und die Stoffverzierung mit Modeln muß somit bereits in diesen frühen Jahrhunderten durch eine eigene Berufsgattung geübt worden sein. Der ältere Stempel ist auf beiden Seiten ornamentiert. Die eingegrabenen Musterkonturen lassen sich mit den Formen der gleichzeitigen Weberei und Wirkerei vergleichen. Er wird ins 4. Jahrhundert nach Chr. datiert. Ein späterer Stempel aus dem 7. oder 8. Jahrhundert zeigt ein Pfauenmotiv. Das Holzstück ist ca. 4 cm hoch, 6 cm breit und 2 cm dick (4). Das Bild selber ist nur etwa 1-1,5 mm tief in das Holz des Maulbeerfeigenbaumes eingegraben. Dieses auch Sykomorenholz genannte Material wurde im alten Ägypten mit Vorliebe verwendet. Beim erwähnten Stempel hat man interessanterweise die Querschnittfläche des Holzes als Bildfläche benutzt (201). Die dritte Expedition von Sir Aurel Stein (5) in die Oasenstadt Tun-huang beweist, daß chinesische Farbdrucke mit Holzmodeln bis gegen 600 nach Chr. zurückgehen. Wie bei der ägyptischen Kindertunika bestehen die Musterungen vorwiegend aus geometrischen Motiven (202). |
In
Quedlinburg (Deutschland) wurde im Schutte eines
frühmittelalterlichen Grabes ein Stoff-Fragment (10x9,5
cm) gefunden (203). Dargestellt ist ein
mächtiger Adler, der mit beiden Fängen eine Knabenfigur
am Körper gepackt hält Julius Lessing (6)
datiert diesen Schwarz-Rot-Gold-Druck in die Zeit der
Sassaniden. Er fand auf sassanidischen Vasen ähnliche
Adler abgebildet, die ebenfalls Menschen rauben. Man
denkt hier an den griechischen Mythos des Ganymedes, der
asiatischen Ursprungs ist und sich möglicherweise bis in
die Sassanidenzeit erhalten hat. Der Stoff entstand vor
632 (sassanidische Kunstepoche 226-632). Bekannt ist, daß Heinrich I, und seine Gemahlin Mathilde die Ouedlinburger Kirche reich mit Reliquien ausstatteten. Zu dieser Zeit (10. Jahrhundert) mag der Stoff als Reliquienhülle von Persien nach Deutschland gelangt sein. Vermutlich gehörte er ursprünglich zu einem der Prachtgewänder mit mythologischen Darstellungen, wie sie griechische und römische Autoren häufig erwähnen (7). Stoffe aus dem Orient waren in Europa weit verbreitet. Dies zeigen weitere Textilfunde aus frühmittelalterlichen Gräbern: Man fand zum Beispiel Zeugdruckreste (204) im Grabe des Bischofs Caesarius von Aries (er residierte 502-543). Sie müssen vor 543 entstanden sein und sind somit älteste erhaltene Druckbeispiele, die in Europa gefunden wurden. Es ist jedoch nicht möglich, diese Stoffreste stilistisch einzuordnen. Die Grabungsergebnisse von R.Pfister (8) in Ägypten machen deutlich, daß auch im Mittelalter bedruckte Stoffe aus dem Orient nach Westen gelangten. Pfister fand grobe Baumwolltücher von meist rotbraunem, braunem oder blauem Farbgrund, auf dem die weiß ausgesparten Konturen figürlicher Musterungen erscheinen. Die Muster sind vielfach der Tierwelt entnommen. Hie und da werden auch Krieger dargestellt, und zwar in ähnlicher Weise, wie sie auf Friesen der Hindutempel im Gebiet von Gujarat vorkommen. Man vermutet daher die Heimat der Stoffe in jenem Gebiet. Auf Grund von Vergleichen mit indischen Miniaturen datiert Pfister die Stoffe mit rein indischen Motiven (zum Beispiel Lotusornamentik oder Motiv des Perlencolliers) ins 12. und 13. Jahrhundert (205). |
____________ 3) Beschriftung des Originals im Victoria and Albert Museum London: "The use of cotton and the form of the tunic, which differs from most early tunics found in Egypt, have led medieval date for this piece. Tunics of similar cut, however, including one in cotton, have been found at Halabiych (ancient Zenobia), and can probably be dated prior to the sack of that town by Khusro in 610 a.D." 4) Maßangaben aus R. FORRER, Die Kunst des Zeugdrucks, a.a.O., S. 13. 5) Vgl. AUREL STEIN, Ruins of Desert Cathay, I, II, London 1912; H.MASPERO, Los documents de la troisième expédition de Sir Aurel Stein, London 1953; G. SCHAEFER, Mittelalterlicher Zeugdruck, a.a.O., S. 854. 6) Vgl. JULIUS LESSING, Mittelalterlicher Zeugdruck im Kunstgewerbemuseum zu Berlin in: Jahrbuch der königlich preußischen Kunstsammlungen, Berlin 1880, S. 119. 7) Vgl. Ovid, Metamorph. VI, 52; VIRGIL, Aeneis, V, 250; VALERIUS FLACCUS, Argonaut II 414 (ums Jahr 80 n. Chr.). |
_________ 8) Die Ausführungen von R.PFISTER, Les Toiles imprimées de Fostat et l'Hindoustan, Paris 1938, sind sehr interessant und durchaus einleuchtend. Doch teilen nicht alle Autoren seine Meinung. P. R. SCHWARTZ zum Beispiel bezweifelt den indischen Ursprung der Stoffe. Er entgegnet Pfister, daß die Lotusblume in Vorderasien bis auf den heutigen Tag gerne imitiert wird. Vielleicht ist die ganze Stoffgruppe viel jüngeren Datums. 201 Stempel, Pfauenmotiv, Ciba 24, S. 857 202 chinesischer Stoff, V+A London chxxii 0036 203 Ganymed, Ciba 24, S.860 204 Grabfunde aus Arles, Ciba 24, S. 859 205 Grabfunde Ägypten, Pfister: Les toiles imprimées, Tafel 3, 5, 7, 10,21,28 |
2. ROMANISCHE UND GOTISCHE DRUCKSTOFFE EUROPAS |
![]() 207 zwei Stoffe mit Granatrosen, King, S. 28, 29 |
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![]() 209 Goldbrokat mit Granatrose, Santangelo, Tafel 42 |
![]() 208 Tapete von Sitten, Ausschnitt Hist. Mus. Basel |
![]() 214 Tischteppich mit Granatrosen, Hist. Mus. Basel 1872.52 |
____________ 9 Vgl. E E PLOSS, Ein Buch von alten Farben, Berlin 1962, S. 56. 10 Ausgeführt in allen Publikationen der Jahrhundertwende, wie z.B. FISCHBACH, FORRER, und neuerdings von RENATE JAQUES, Mittelalterlicher Zeugdruck am Rhein, Kevelaer 1950. 11 Vgl. D.KING, Textiles and the Origins of Printing in Europe, in: Pantheon, Internationale Zeitschrift für Kunst, Januar/Februar 1962. 12 Vgl. FERDINAND KELLER, Die Tapete von Sitten, in: Mitteilungen der Zürcher antiquarischen Gesellschaft, 9. Bd., 1857. - KARL REINKING, Lehrbuch der Malerei von Cennini und die Tapete von Sitten, in: Melliand Textilberichte, Mannheim 1926 S. 539. 13 Urkunde im alten Statutenbuch der Venetianer Malerzunft, veröffentlicht von BERNARD, in: Origine de l'imprimérie, Paris 1853: MccccxLI a di IX otubrio. «conciosa che l'arte et mestier delle carte e figure stampide che se fano in Venezia è vegnudo a total deffaction, e questo sia per la gran quantità de carte da Zugar e fegure depente stampide, le qual vien fate di fuora de Venezia, ala cal cosa à da meter remedio, che i diti maestri. i quali sono assaii in fameja, habiano più presto utilitade che i forestieri. Sia ordenado e statuido, come anchora i diti maestri ne ha supplicado, che da mo in avanti non possa vegnir over esser condutto in questa terra alcun lavorerio dela predicta arte, che sia stampido o depento in tela o in carta, come sono anchone e carte da zugare, e cadaun altro lavorerio dela so arte facto a penello e stampido, soto pena di perdere i lavori condutti e |
____________ liv. XXX, e sol, XII... dela qual pena pecuniaria un terzo sia del comun, un terzo di signori justitieri vechi ai quali questo sia commesso, e un terzo sia del accusador. Cum questa tamen condition, che maestri, i quali fanno de i predetti lavori in questa terra, non possano vender i predetti suo lavori fuor delle sue botege, sotto la pena preditta, salvo che de merchore a S. Polo, e da Sabado a S. Marco, sotto la pena predetta...» 14 G. SCHAEFER, Mittelalterlicher Zeugdruck, a.a.O., S. 864, spricht allerdings davon, daß der venezianische Zeugdruck normannisch-sarazenisches Kulturerbe darstelle. 15 A. ESSENWEIN, Älteste Druckerzeugnisse im germanischen Museum, in: Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Nürnberg 1872, S. 241. 16 Vgl. TH.HAMPE, Der Zeugdruck mit der heiligen Anna, der Jungfrau Maria und Seraphim und einige altkölnische Handzeichnungen, in: Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg 1897, S. 91; R.FORRER, Noch einmal der Kölner Zeugdruck mit Mutter Anna, Maria und Seraphim, in: Mitteilungen des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 1898, S. 12; R.FORRER, Eine gotische Replik des MutterAnna-Zeugdrucks mit den Seraphim, 1913, Separata. 206 Vogelstoff, Ploss, Tafel l, V+A London, 207 zwei Stoffe mit Granatrosen, King, S. 28, 29 208 Tapete von Sitten, Ausschnitt Hist. Mus. Basel 209 Goldbrokat mit Granatrose, Santangelo, Taf. 42. Abb. 5 . 210 Druck mit heiliger Anna, Ciba 24, S. 870 |
5 | Dargestellt
ist die Mutter Anna, in faltenreichem Gewand, auf einer
Bank sitzend. Neben ihr beugt sich die junge Maria über
eine Schriftrolle, während sich dahinter fünf Seraphim
um den Vorgang interessieren. Der Raum wird von drei
gotischen Baldachinen überwölbt, und der Grund ist mit
gotischem Distel- und Rankenwerk gemustert. Eine um 1400
entstandene norddeutsche Kasel aus der Kirche in Retschow
bei Doberan (städtische Kunstsammlung in Rostock) (211),
lehnt sich in ihrer ornamentalen Musterung deutlich an
italienische Seidenstoffe an. Großflächige, farbige
Blätter, Blumen- und Tierfiguren bedecken den
Leinenstoff. In der Schultermitte ist ein Rechteck
ausgespart für die figürliche Darstellung des
gekreuzigten Christus. Ein Lesepultbehang aus Innichen
(Tirol), ebenfalls um 1400, zeigt dagegensehr wenig
charakteristische Zeugdruckornamentik (212).
Es ist ein Schwarzdruck, den man nachträglich mit dem
Pinsel koloriert hat. Er mißt 244 x 85 cm und setzt sich
aus sechs verschiedenen Holzformen zusammen. Auch hier
sind bestimmte Tafeldrucke speziell hervorgehoben,
nämlich die Darstellung der Hochzeit von Kana und die
Auferweckung des Lazarus. Im Historischen Museum Basel hängt ein Altarvorsatz (100-170 cm), der aus der Kirche zu Illgau im Muotatal (Kt. Schwyz) stammt. Er muß im Gebiet des Oberrheins entstanden sein (213). Wir treffen hier Eigenheiten der drei vorher genannten Altartücher. Wie dort, gelangen auch hier biblische Szenen (Verkündigung und Maria mit Kind) zur Darstellung. Die Bilder werden umrahmt von Ziermustern, nämlich von Streifen mit gegenständigen Vögeln, die sich über Blumentöpfe mit langgestielten Rosen hinweg anblicken, sowie von einem gotischen Zackenmuster mit Rosen und Rosenblättern. Diese Ziermuster sind nicht direkte Übernahmen von italienischen Motiven wie bei der norddeutschen Kasel. Eher ließen sich Parallelen finden beim Ranken- und Distelwerk des Mutter Anna-Fragments. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, daß die Ziermotive dort Bestandteil der Szene bildeten, während sie beim |
Basler Behang
keine Beziehung zu den biblischen Bildern haben. E. Major
(17) findet, daß Verkündigungsszene
und Maria mit Kind des Basler Altarvorsatzes überhaupt
eher Holzschnittcharakter aufweisen und vermutet, daß
sie zum Abdruck auf Papier berechnet seien. Diese Theorie
ist im ersten Augenblick einleuchtend, betrachten wir
jedoch die Größe der Verkündigungsdarstellung (51,5 X
37,8 cm), so werden wir etwas nachdenklich. Handelt es
sich hier nicht eher, wie bei der Mutter Anna, um einen
Stickereivordruck? Auch liegt der angebliche
Holzschnittcharakter des Verkündigungsbildes vor allem
in der linearen Gestaltung. Ein Vergleich mit der um 100
Jahre früher entstandenen Sittener Tapete zeigt, daß
der Künstler dort mehr Wert auf die flächenhafte
Wiedergabe der Szenen legte. Diese Darstellungsweise kann
durch die Drucktechnik bedingt sein. Sie weist aber auch
ganz allgemein auf den Stil der Zeit. Mit Sicherheit
läßt sich daher nur sagen, daß der Basler Behang
später entstanden ist als die Tapete von Sitten. Ob es
sich aber um einen Stoff handelt, der gar nicht als
Zeugdruck gedacht war, ist ungewiß. Dazu müßte man
Genaueres über die verschiedenen
Anwendungsmöglichkeiten der hölzernen Druckformen
wissen. Weitere Beispiele von Zeugdrucken dieser frühen Periode finden sich heute noch in der Innerschweiz: Das sogenannte Ulrichs-Meßgewand in Luthern, Kanton Luzern, ist im Stile der Lucca-Webereien mit Holzmodeln bedruckt (18). Und ein Kelchtuch in Root, ebenfalls Kanton Luzern, ist nach einem Rapperswiler Holzschnitt des 15. Jahrhunderts durch Druckmusterung verziert worden (19). Die relativ spärlichen Zeugdruckvorkommen aus dem Rheingebiet sprechen dafür, daß sich die Künstler vor allem dem Druck auf Papier zuwandten und im 15. und 16. Jahrhundert auf diesem Gebiet eine hohe Meisterschaft erreichten. Mit Stoffdruck, dem älteren Handwerk (20), wurden hauptsächlich Gegenstände des täglichen Lebens verziert. |
_____________ 17 Vgl. E. MAJOR, Holz- und Metallschnitte aus öffentlichen und privaten Sammlungen in Aarau, Basel, Romont, St. Gallen, Zürich, Straßburg, 1918, S. 20, Tafel, 27 und 28. 18 Erstmalige Erwähnung bei: A. REINLE, Kunstdenkmäler des Kantons Luzern, Bd. 5, S. 136. 19 A. REINLE, Ein Zeugdruck nach einem Rapperswiler Holzschnitt des 15. Jh., in: Unsere Kunstdenkmäler, 16, 1965, Heft l, S. 29-32. 20 Vgl. zur Frage, ob Stoff- oder Papierdruck älter sei, die folgenden Stellungsnahmen: WEIGEL und ZESTERMANN, Die Anfänge der Druckerkunst, Leipzig 1866; FRIEDRICH LIPPMANN, Über die Anfänge der Formschneidekunst und des Bilddrucks, in: Repertorium für Kunstwissenschaft |
_________________ I, 1876, S. 213; Auf Grund der Tapete von Sitten beweisen die genannten Autoren ein Hervorgehen der Druckkunst aus dem technischen Verfahren des Zeugdrucks. R.FORRER, Die Kunst des Zeugdrucks, a.a.O., S. 28/29 spricht von vier urkundlich erwähnten Druckern in Regensburg in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, von denen aber nur einer ein Holzschnittbuch hinterlassen habe. Um 1475-80 erscheint dagegen in den Steuerbüchern Augsburgs ein Meister, der ausdrücklich als Jakob der TUCHdrucker bezeichnet ist. 211 Kasel in Retschow, Ciba 24, S. 862 212 Lesepultbehang, Tirol, Ciba 24, S. 867 213 Altarvorsatz Kt.Schwyz, Hist. Mus. Basel 1901.185 |
3. DAS 16. UND17. JAHRHUNDERT |
6 | Im 16.
Jahrhundert kommen qualitätvolle Zeugdrucke nur noch
sehr selten vor. In dieser Zeit des Wohlstandes und der
Prunksucht konnte auch der einfache Bürger es sich
leisten, in Samt und Seide einherzugehen; er brauchte die
gedruckten Ersatzmittel nicht mehr. Die geschickten
Formschneider wandten sich dem Gebiet des Holzschnittes
und des Kupferstiches zu. Die Druckstoffe verschwanden
jedoch nicht ganz. Wir treffen sie zum Beispiel an
Pestkasein (207), die von Geistlichen
zum Besuch bei Pestkranken getragen wurden. Diese
Priestergewänder aus Leinenstoff hatten den Vorteil,
daß man sie nach den Krankenbesuchen leicht reinigen
konnte. Oft gab man dem geringen Stoff ein kostbareres
Aussehen, indem man versuchte, den Samteffekt
nachzuahmen. Man druckte mit einer gummierten Farbe und
streute Wollstaub über das Ornament. Unter den Ornamenten des 16. Jahrhunderts ist vor allem das Motiv des Granatapfels beliebt. Wir haben es auf der genannten Pestkasel angetroffen; auch Buntpapiere (21) wurden mit diesem Muster versehen, das seinen Ursprung in der Seidenweberei hat. Meistens ist die Form des Granatapfels nicht mehr als solche erkennbar. Im Laufe der Zeit hat sich das Motiv mit anderen Naturformen verbunden. Elemente der klassischen Palmette und Blattwerk von Distelblüte und Ananasfrucht wurden eingegliedert. Auf den Stoffen können spitzovale Feldereinteilung mit breiten Ranken und Blättern vorherrschen (214). Auf anderen Geweben fehlt die Einteilung in Felder. Das Hauptmotiv wird von einer mehrteiligen Rosenform umrahmt, die sich häufig nur in Konturen abzeichnet (207). Eine weitere Art von Granatapfelmusterung ist das Gewebeornament mit diagonal verlaufender, wellenartiger Ranke, aus der sich kleine Zweige mit zierlichen Granatfrüchten entwickeln. Schließlich kann die Rose auch nach dem System der einfachen Reihung angeordnet sein und mit anderen Schmuckformen abwechseln. Zeugdrucke wurden in diesem Jahrhundert sehr häufig als Futterstoffe verwendet. Nicht immer nahm man sich die Mühe, das Motiv in Holz zu schneiden. Es gibt auch Stoffe mit aufschabloniertem Muster (22). Um Druck handelt es sich beim Futter eines Tischteppichs aus altem Basler Besitz (214) im Historischen Museum Basel. Er mißt 195 X 155 cm. Wir haben einen Schwarzdruck auf Leinwand vor uns und erkennen in den spitzovalen Feldern das abgewandelte Granatapfelmotiv. Die Schauseite der Decke trägt das Datum 1610. Es ist anzunehmen, daß man zum Abfüttern keinen neuen Stoff verwendet hat; eine Datierung in die letzten Jahre des 16. Jahrhunderts ist möglich. |
Im 17.
Jahrhundert werden die Zeugdruckvorkommen wieder
zahlreicher. Nicht zuletzt ist diese Tatsache auf eine
Verarmung der Bevölkerung durch den 30jährigen Krieg
zurückzuführen. Charakteristisch für dieses Jahrhundert sind die Spitzenimitationen, bei denen mit Spitzen belegte Stoffe nachgeahmt wurden. Es gibt unzählige solche Stoffe deutscher Herkunft, und auch im Schweizerischen Landesmuseum sind einige Beispiele vorhanden. Hier handelt es sich um eine Gruppe von Leinwanddecken, deren Datierung nicht ganz einfach ist. Einige Stoffe sind Bündnerisch, und es ist anzunehmen, daß in diesem Bergkanton die Spitzenimitationstechnik noch bis weit ins 18. Jahrhundert betrieben worden ist. Das älteste Stück der Gruppe im Schweizerischen Ländesmuseum stammt aus der Kapelle in Mannenbach (Kt. Thurgau) (215). Es mißt 94 x 155 cm und ist rot und schwarz bedruckt. Als Randmusterung treffen wir eine sechsreihige Ornamentbordüre, in der man bereits Spitzenimitation vermuten kann. Die Blumen und Figurendarstellungen im Inneren des Antependiums sind grob und unbeholfen. Ein schönes Beispiel für Spitzenimitation ist ferner das Antependium aus der Sammlung Denier (Maße: 88x150 cm). Die Figuren, eine Madonna im Strahlenkranz zwischen Heiligen, werden eingerahmt von Ornamentbordüren, die zweifellos Spitzen nachahmen (216). Bei einem Paradeleintuch (Maße des Überschlages: 39 x 164 cm) von E. Capaul, Lumbrein (Kt. Graubünden) ist dieselbe Absicht erkennbar. Nur sind die Spitzen hier weniger fein gehalten. Einzig ihre Stellung am oberen Rande des Leintuches (217) kennzeichnet sie deutlich als solche. Das erste der drei Beispiele zeigt Spitzenimitation in eher ungeschickten Anfängen, der zweite Stoff gibt uns einen eigentlichen Begriff der Bezeichnung, und das Paradeleintuch verkörpert das Weiterwirken des Stiles in späteren Jahrzehnten. Nur entfernt mit dieser Gruppe verbunden ist schließlich eine Tischdecke aus dem Kanton Graubünden. Sie mißt 148x185cm und besteht aus schwarzbedruckter Leinwand (218). In geometrischen Feldern finden sich Rosetten, Sterne und Engelsköpfe mit Flügeln. Einzig die imitierten, gedruckten Fransen am Rande weisen das Stück zur Gruppe der Spitzenimitationen. Es mag am Anfang des 18. Jahrhunderts entstanden sein und verrät wie das Leintuch eine deutliche Tendenz zur Volkskunst. Im 16., 17. und 18. Jahrhundert entstanden im Gebiete der Schweiz außerdem eine ganze Reihe von Sargtüchern und Trauerbehängen, wobei es sich um Schwarzdrucke mit Totenköpfen und der Bezeichnung I.H.S. handelt (23). |
![]() 216 Ausschnitt aus Antependium, Ende 17. Jh., Sammlung Denier, Schweiz. Landesmuseum Zürich, Inv.LM 3405.185 |
![]() 217 Ausschnitt aus Paradeleintuch, 18. Jh., Kt.Graubünden, Schweiz. Landesmuseum Zürich, Inv.LM 10.62 |
![]() 218 Ausschnitt aus Tischdecke, 18. od. 19. Jh. Zernetz, Kt.Graubünden, Schweiz. Landesmuseum Zürich, Inv. LM 6334 |
_______________ 21 Vgl. ALBERT HAEMMERLE, Buntpapier, München 1961, S. 145; RUDOLF REICHELT, Das Granatapfelmotiv, Berlin 1956. 22 Vgl. den Futterstoff, den ALEXANDER SCHNÜTGEN beschreibt in: Zeitschrift für christliche Kunst III, 1890, S. 195. 23 Vgl. R. FORRER, Die Zeugdrucke der byzantinischen, gotischen und späteren Kunstepochen, Straßburg 1894, Abb. 34; Vgl. folgende originale Beispiele: Totentuch im Schweizerischen Landesmuseum, LM 6830, Einsiedeln 18. Jh.; Antependium, Pfarrkirche Sursee, Kt. Luzern, publiziert |
_______________ bei den Nachträgen, Kunstdenkmäler Kt. Luzern, Bd. 6, S. 352; sowie Totentuch im Rätischen Museum Chur, aus dem Kanton Graubünden, XII 3C29. 214 Tischteppich mit Granatrosen, Hist. Mus. Basel 1872.52. Abb. 7. 215 Spitzenimitation, Kt. Thurgau, Landesmuseum 10552 216 Antependium, Landesmuseum 3405.185 217 Paradeleintuch, Kt. Graubünden, Landesmuseum 1062 218 Tischdecke, Kt. Graubünden, Landesmuseum 6334 |
4. MITTELALTERLICHE VORSCHRIFTEN FÜR DEN DIREKTDRUCK |
7 | Antike
Autoren äußern sich weder durch Hinweise noch in
Beschreibungen über die Methoden des direkten Druckes
auf ein Gewebe. Erst aus dem 14.Jahrhundert ist eine
Druckvorschrift erhalten. Es handelt sich um das
«Trattato della pittura» des Malers Cennino Cennini (24).
Der Künstler erzählt in seiner Schrift, daß er in
Colle di Valdelsa geboren wurde und die Kunst der Malerei
in zwölf Jahren bei Angelo di Taddeo in Florenz
erlernte. Wahrscheinlich stand er im Dienste des Fürsten
Francesco da Carrara, denn seine Anwesenheit in Padua ist
für das Jahr 1398 überliefert. Er wird eine Zeitlang
Hofmaler dieses Fürsten gewesen sein. In seinem Buch gibt er Rezepte zur Herstellung von Farben und beschreibt als Anwendung für bedruckte Stoffe: «... son buoni da guarnelli di putti o ver fanciulli, e per certi leggii da chiese...». Also verwendete man bedruckte Stoffe für Unterkleider von Knaben und Mädchen und für Lesepulte in Kirchen. Wichtig sind Cenninis Angaben über Druckmodel und Druckmaße (25): Auf der Rückseite waren die Model mit Griffen vesehen, damit sie leichter zu handhaben waren. Die Farbmasse bestand hauptsächlich aus mineralischen Pigmenten und Firnis, der als Verdickungsmittel der Farbe die erforderliche Zähigkeit gab. Diese Masse soll mit einem ledernen Handschuh auf den Model gebracht worden sein. Offenbar wurden nur die Umrisse der Muster mit dem Model gedruckt und die eigentlichen Farben mit dem Pinsel in die Zeichnung eingetragen. Endlich läßt sich aus den Beschreibungen der mittelalterliche Drucktisch rekonstruieren (25): «Beginne und setze sie (die Druckform) ordentlich und gleichmäßig an auf das besagte in jenen Rahmen eingespannte Gewebe, und von unterhalb dem Rahmen: nimm in die rechte Hand einen Schild oder Schildchen von Holz, und mit dem Rücken reibe stark an jener Fläche, soweit das geschnittene Brett reicht. Und wenn du soviel gerieben hast, daß du glaubst, es sei gut, die Farbe sei gut eingedrungen in das Tuch oder die Leinwand, so hebe deine Form weg, setze von neuem Farbe auf und mit großer Ordnung wiederhole den angegebenen Modus so oft, bis das ganze Stück vollständig ausgeführt ist.» |
Eine
ähnliche Beschreibung finden wir in den gesammelten
Reiseeindrücken (26) des französischen
Naturforschers Pierre Belon. Dieser hatte von 1546-1549
eine Orientreise unternommen, und in seinem ersten Buche
beschreibt er den türkischen Zeugdruck folgendermaßen: «... Sie versehen die Form kräftig mit Farbe, legen sie auf den aufgespannten Stoff und reiben sie auf der Rückseite, wodurch die Farbe auf den Stoff übertragen wird ...» Im Unterschied zu Cenninis Beschreibung, nach der das Druckmodel von unten her an das Gewebe gedrückt wurde, preßte man in Konstantinopel die Holzform von oben her auf den Stoff (27). Leider gibt uns Belon keine weiteren Angaben über den Zeugdruck; aber in einer Schrift aus dem 15. Jahrhundert besitzen wir eine der wichtigsten technologischen Quellen für den Zeugdruck im späten Mittelalter. Dieses Rezeptbuch stammt aus dem Nürnberger Kloster St. Katharina (28) und wurde nach der Widmungsinschrift von Margaretha Holzschuher, der Priorin des Klosters, einer Schwester Margaretha Binderin geschenkt. Sicherlich entstand das Manuskript in St. Katharina, und eine Datierung ist anhand einer Schriftuntersuchung für die Zeit nach 1450 möglich. Der erste Teil ist Gewändern, Stoffen und deren Reinigung gewidmet. Im zweiten Teil finden sich 21 Rezepte der Stoffveredlung, der Färberei und des Zeugdrucks. Es folgen Erörterungen über Formschnitte und Rezepte für Buntpapiere. Schließlich stehen in diesem Teil auch medizinische und hauswirtschaftliche Vorschriften, und am Ende wird über Wachsfärbung und Bereitung künstlicher Farben berichtet. Im dritten Teil finden sich sechs ausführliche Rezepte für die Glasmalerei und Herstellung von Kirchenfenstern. Das Buch schließt mit einem Anhang von neun Färbevorschriften. Von den 100 Rezepten dieses Kunstbuches handeln 61 über Färberei, Zeugdruck und Schneiderei. |
______________ 24 Vgl. CENNINO CENNINI, II libro dell'arte o trattato della pittura, Firenze 1859, per cura di Milanesi, Gataneo e Carlo, Capitolo 173, S. 126-128; Übersetzungen des Werkes von Cennini durch: ALBERT ILG, in: I.Band der Quellenschriften für Kunstgeschichte des Mittelalters und der Renaissance, Wien 1871, und WILLIBRORD VERKADE, Des Cennino Cennini Handbüchlein der Kunst, neu übersetzt und herausgegeben, Straßburg 1916; die Stelle über das Druckverfahren ist wiedergegeben und kommentiert bei: R. FORRER, Die Kunst des Zeugdrucks, a.a.O., S. 11, und KARL REINKING, Lehrbuch der Malerei, a.a.O., S. 539, und E. E. PLOSS, a.a.O., S. 93. 25 Abbildung bei R. FORRER, Die Kunst des Zeugdrucks, a.a.O., S. 14. |
____________ 26 PIERRE BELON (1517-1564), dreiteiliges Werk: «Les observations de plusieurs singularites et choses memorables, trouvees en Grece, Asie, Judee, Egypte, Arabie et autres pays estranges.» Paris 1553. 27 In China war in der Mitte des 19. Jahrhunderts noch eine Methode anzutreffen, wie wir sie bei Cennini erwähnt finden. AUGUSTE HAUSSMANN, Delegierter der Baumwollindustrie, schreibt im «Bulletin de la Societe Industrielle de Mulhouse», vol. 20, 1847, p. l: «Au lieu d'appliquer le moule sur le tissu, comme cela se fait chez nous, c'est au contraire le moule qui est fixé et c'est le tissue qu'on applique sur la planche.» 28 Vgl. E. E. PLOSS, a.a.O., S. 103-125. |
8 | Die
Zeugdruckvorschriften beginnen mit einer Weisung, wie man
Muster von Webereien kopiert. Weil das Kopierverfahren
für den gesamten mittelalterlichen
Zeugdruck-Ornamentstil äußerst charakteristisch ist,
sei dieses Rezept hier wiedergegeben (29): «Wie man abentwurffet plumen oder tier von gülden tuchern. Item wiltu abentwerffen plumen oder tier von gülden tuchern, da du furm auß machest, do du mit auftruckest, so nym ein dünns papir, das lauter sey vnd bestreich das mit leinöll an beyden seiten vnd reib es gar wol dar ein mit einem wullen hadern vnd laß trucken vnd nym denn das selb papir vnd legs auf das tuch, so scheint es dir her durch vnd nym denn ein tintten vnd ein schreibfedern vnd streich es auf das papir vnd leym es auf ein habelcz pret vnd schneid es darnach auß, wie duß haben wilt.» Was das Material betrifft, so wird beschrieben, daß man Leinwand, gelegentlich Seide, bedruckte. Die Stoffe stärkte man vorher mit Leim, der aus Pergamentschnitzeln gekocht wurde und glättete diese darauf mit dem Glättstein. Zum Drucken wurden Malerfarben verwendet, also feste Farbstoffe, und trocknende Öle als Bindemittel. Dieser Öle wegen rochen die Stoffe allerdings nicht gerade sehr gut. Überdies entstanden durch austretende Öle oft Flecken. Die Anwendung ist im Prinzip für jeden Ton dieselbe. Im Nürnberger Kunstbuch steht über das Drucken mit roter Farbe (30): « Mit roter färb auf zu trucken. Wiltu auftrücken mit roter farb, so nym zynober vnd reyb den ab mit leynöll gar wol vnd nit zu dun vnd trag in auf den furm mit einem pelsterlein vnd leg in auf ein gesterckte vnd planirte leynbat, als vor gesagt ist, so wirt es gut vnd du solt wissen, das du nichtz gutz machst, weder von gold noch von farb, es sey denn die leynbat gesterckt. Ist dir aber der zynober zu köstenlich, so nym gepranten ogger vnd meng, eins als vil des andern vnd reyb es ab mit leynöl nit ze dun, so wirt es schon als der zynober; wiltu es aber ser liecht haben, so nym der meng mer denn des oggers, wiltu es aber prawner haben, so nym des oggers mer denn der meng vnd trag es auf den furm, als den vor gesagt ist.» Die Stoffbahnen mußten beim Drucken über eine ebene Fläche laufen. Der Model wurde von oben her auf den Stoff gelegt und die Rückseite mit einem Knebel berieben, damit der Abdruck gleichmäßig werde (31). |
Eine erste
gedruckte Zeugdruckanweisung stammt aus dem 17.
Jahrhundert. Ein Andreas Glorez schreibt unter anderem
über die «Neu erfundene Manier / wie man auf eine gantz
sonderbahre Weiß den Caton oder andere Leinwath / wie
auch allerhand Spallir geschwind viel und doch recht
schön drucken kan» (32). Hier wird die Herstellung von Leinentapeten mit Samtimitation erklärt und eine Druckerpresse gelangt zur Abbildung. Aus dem Text geht hervor, daß der Walzendruck bereits im 17. Jahrhundert bekannt war. Aber das ganze Vorgehen war noch reichlich kompliziert. Nicht nur mußten mehrere Walzen aufeinander abgestimmt sein, auch die Arbeit an sich mußte auf verschiedene Handwerker verteilt werden. Die Zunftbestimmungen verunmöglichten nämlich, daß ein einziger Mann alle Arbeiten allein verrichtete. So zeichnete der Zeichner das Muster, der Formschneider schnitt es, und erst der Walzenbesitzer konnte damit drucken. Die Drucker hatten lange Zeit keine eigene Zunft, und ihre Stellung innerhalb dieser Gemeinschaft war nicht genau festgelegt. Es ist bekannt, daß 1452 in Löwen ein Formschneider und ein Drucker genötigt wurden, der Schreinerzunft beizutreten. Seit 1500 finden wir Zeugdrucker in einer unbedeutenden Untergruppe der Buchdrucker. Auch sind bei den Malern und bei den Färbern Zeugdrucker anzutreffen. Sie übernahmen dann das Wappen der jeweiligen Zünfte. Nur in Nürnberg besaßen die Zeugdrucker im 17. Jahrhundert ein Wappen, das ihrem Stand entsprach, nämlich eine Zeugdruckmaschine mit zwei aufeinanderliegenden Walzen. Einzig in den Klöstern durften alle Handwerke ausgeübt werden. Wahrscheinlich entstanden denn auch dort die meisten frühen mittelalterlichen Druckstoffe. ![]() A - Drucktisch; B unbedrucktes Tuch; C - bedrucktes Tuch; D Holzrahmen; Ein Rahmen eingepaßte Druckform; F - Knebel, mit dem die Druckform auf den Stoff gedrückt wird. |
___________________ 29 Vgl. E. E. PLOSS, a.a.O., S. 108. 30 Vgl. E. E. PLOSS, a.a.O., S. 109. 31 Abbildung nach R. FORRER, Die Kunst des Zeugdrucks, a.a.O., S. 20, Fig. 2. |
_______________ 32 Vgl. ANDREAS GLOREZ, Vollständige Hauß- und Land-Bibliothek, in 3 Teilen zu Regensburg bei Quirinus Heyl 1699, 3. Teil, S. 11, abgedruckt bei FORRER, Die Kunst des Zeugdrucks, a.a.O., S. 53. |
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